American Football Verband Deutschland e.V.

Die Anfänge des American Football in Deutschland

American Football kam nach dem Zweiten Weltkrieg durch US-Besatzungssoldaten nach Deutschland. In den folgenden Jahrzehnten blieb die Sportart jedoch zunächst auf die amerikanischen Militärgemeinden beschränkt. Die eigentliche Geburtsstunde des American Footballs in Europa schlug 1977, als mit den Frankfurter Löwen der erste deutsche Footballverein gegründet wurde. Die Löwen bestanden aus einer Gruppe von deutschen und amerikanischen Freunden und bestritten ihre ersten Spiele, meist wenig erfolgreich, gegen amerikanische Armeeteams.

Bei den Anfängen des American Footballs in Deutschland spielten Alexander Sperber und Wolfgang Lehneis eine herausragende Rolle als Pioniere:
Alexander Sperber (*1952 in Dayton, Ohio) war Mitbegründer und treibende Kraft hinter dem ersten deutschen Footballverein, den Frankfurter Löwen. Sperber, der selbst FootballErfahrung aus den USA mitbrachte, organisierte ab 1977 zusammen mit Wolfgang Lehneis die ersten Trainings und Spiele. Er war maßgeblich an der Gründung des Vereins beteiligt und wurde später der erste Präsident des American Football Bund Deutschland (AFBD), des ersten FootballVerbands in Deutschland.

Wolfgang Lehneis war nicht nur Mitgründer der Frankfurter Löwen, sondern auch der erste deutsche Cheftrainer des Teams. Er brachte sich intensiv in die Entwicklung des Sports ein, sammelte theoretische Grundlagen über den amerikanischen Soldatensender AFN und vermittelte diese an die ersten deutschen Spieler weiter. Lehneis war außerdem ab 1979 Bundestrainer und trug so maßgeblich zur sportlichen Entwicklung und zur Verbreitung von Football in Deutschland bei.

Durch die Initiative und das Engagement von Sperber und Lehneis wurden weitere Vereine inspiriert und gegründet. Ein Fernsehinterview mit beiden bei Holger Obermann in der ARD löste eine Welle von Vereinsgründungen aus, die letztlich zur Etablierung des organisierten American Footballs in Deutschland führt.

Die „Big SIX“

Mit dieser ersten Vereinsgründung wurde eine ganze Welle ausgelöst. Es folgten im nächsten Jahr die Düsseldorf Panther, Munich Cowboys, Ansbach Grizzlies, Bremerhaven Seahawks und Berlin Bears – die sogenannten „Big 6″.  Bereits 1979 konnte die erste Saison gestartet werden. Die Premiere fand am 4. August 1979 in Düsseldorf im Stadion des DSV 04 statt. Die Frankfurt Lions gewannen vor einer Kulisse von 4.400 Zuschauern mit 38:0 gegen die Düsseldorf Panther. Am Ende gewannen die Frankfurter auch den German Bowl I mit 14:9 gegen die Ansbach Grizzlies und damit die erste Deutsche Meisterschaft.

Auch die Entwicklung in den europäischen Nachbarländern ging voran, und so kam es bereits 1981 zu dem ersten internationalen Vergleich. Die deutsche Nationalmannschaft war mit 12:6 gegen die italienische Auswahl erfolgreich.

Von Konkurrenzverbänden zur Gründung des AFVD

Anfang der 1980er Jahre kam es zu einer Spaltung: Neben dem American Football Bund Deutschland (AFBD) entstand die Nordwestdeutsche Football Liga (NFL) unter dem American Football Verband (AFV), was zu parallelen Ligen führte. Nach finanziellen Problemen und der Auflösung des AFBD 1982 schlossen sich die Vereine und Landesverbände am 16. Oktober 1982 zum American Football Verband Deutschland (AFVD) zusammen. Damit wurde erstmals eine einheitliche Meisterschaft für alle Teams ausgetragen.

Die Präsidenten des AFVD im Überblick

Die Geschichte des AFVD wurde von verschiedenen Präsidenten geprägt, die jeweils wichtige Entwicklungsschritte eingeleitet haben:

AmtszeitPräsidentMitglieder/Vereine
10/1982 – 01/1983Daniel Gillon1982: ca. 15 Vereine, wenige Hundert Mitglieder
01/1983 – 09/1983vakant 
09/1983 – 08/1984Reinhard Lenz1984: ca. 20 Vereine, ca. 1.000 Mitglieder
10/1984 – 1986(kein Name belegt) 
1986 – 05/1988Günter Franken1987: ca. 30 Vereine, ca. 2.000 Mitglieder
05/1988 – 12/1989Hagen Busse1989: ca. 40 Vereine, ca. 3.000 Mitglieder
12/1989 – 1993Georg Tschurer1993: ca. 60 Vereine, ca. 5.000 Mitglieder
1993 (interim)Jörn Redler 
05/1993 – 06/1994Wolfgang Büchner1994: ca. 70 Vereine, ca. 6.000
Mitglieder
06/1994 – 02/1995Gert Dannenmann 
05/1995 – 03/1997Roland Wingenroth1997: ca. 90 Vereine, ca. 10.000 Mitglieder
03/1997 – 11/2022Robert Huber2000: ca. 16.000 Mitglieder
2010: ca. 40.000 Mitglieder
2017: 60.261 Mitglieder
2019: 67.295 Mitglieder
2022: ca. 73.000 Mitglieder, ca. 500 Vereine
seit 11/2022Fuad Merdanovic2024: 73.410 Mitglieder, 512 Vereine

Wichtige Entwicklungsschritte und Meilensteine

1982:
Einführung des Junior Bowl als Endspiel der Jugendmeisterschaft, Beginn des systematischen Aufbaus der Jugendarbeit.

1983:
Gründung der Landesverbände, die fortan die Betreuung der Vereine auf regionaler Ebene übernahmen.

1983:
Teilnahme der deutschen Nationalmannschaft an der ersten Europameisterschaft (3.Platz).

1986/87:
Einführung des Frauenfootballs, 1987 erstes offizielles Frauenspiel zwischen den Berlin Adler Girls und einer Spielgemeinschaft Cologne Crocodiles / Hannover Ambassadors /Leverkusen Leopards. Die Anfangsjahre der Herren wurden von den Teams aus Frankfurt und Ansbach dominiert.Anfang der 80er begann die Blütezeit der Düsseldorf Panther. Gegen Ende der 80er kamen die Berlin Adler ganz nach vorne.

1990/91:
„Galaxy-Boom“ durch die Frankfurt Galaxy, was zu einem starken Mitgliederzuwachs und größerer Medienpräsenz führte. Durch die Frankfurt Galaxy wurden viele Jugendliche auf American Football aufmerksam, und es entstanden eine ganze Reihe von neuen Vereinen. Auch die Medien begannen sich erstmals in größerem Umfang mit dem Sport auseinanderzusetzen.

1992:
Erster Ladies Bowl, das erste offizielle Endspiel der Damen um die DeutscheMeisterschaft, fand in Bamberg statt. Die Bamberg Lady Bears dominierten die Anfangsjahre und schlugen die Mülheim Shamrocks mit 23:0.

1993:
Aufnahme in den Deutschen Sportbund am 16. Mai, Anerkennung als eigenständigeSportart.

1995-1999:
Deutsche Teams werden international erfolgreich. Den Anfang machen dieDüsseldorf Panther mit dem Gewinn des Eurobowls 1995. Inden nächsten drei Jahren holen sich die Hamburg Blue Devils den Eurobowl-Pokal an die Elbe.

1998:
Die Damenbundesliga feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Mit zehn Teams hat sich derFrauenfootball in Deutschland etabliert. Die Entwicklung im Damenbereich ist in Europaeinzigartig.

1999:
Umbenennung der 1. Bundesliga in German Football League (GFL), Professionalisierung und Stärkung des Marketings.

2000/2001:
Die Europameisterschaften finden in Deutschland statt. Bei beiden Wettbewerben treffen im Finale die Teams aus Deutschland und Finnland aufeinander. Nachdem Finnland 2000 einen weiteren EM-Titel gewinnen konnte, schafft Deutschland ein Jahr später die Revanche und gewinnt den 1. EM-Titel.

2003:
Deutschland richtet die erste American Football-Weltmeisterschaft aus und gewinnt Bronze.

2007:
Erneuter Bronzemedaillengewinn bei der Weltmeisterschaft.

2000-2010:
Starkes Wachstum auf über 40.000 Mitglieder

2010-2019:
Das Wachstum beschleunigt sich weiter: 2017 wird die Marke von 60.000 Mitgliedern überschritten, 2019 sind es bereits über 67.000 Mitglieder.

Ausbau der Strukturen:
Föderalisierung und Stärkung der Landesverbände, die weitgehend autonom agieren und eigenständig den regionalen Spielbetrieb organisieren.

Digitalisierung:
Einführung moderner Kommunikations- und Verwaltungsstrukturen.

2022:
Präsidiumswechsel nach 25 Jahren unter Robert Huber. Fuad Merdanovic übernimmt die Führung und leitet eine Phase der Modernisierung und Transparenz ein.

Finanzielle Konsolidierung:
Nach dem Präsidiumswechsel 2022 stand die finanzielle Stabilisierung im Mittelpunkt. Der Verband hatte ein hohes Defizit und offene Verbindlichkeiten übernommen. Innerhalb eines Jahres gelang es dem neuen Präsidium, alle Verbindlichkeiten zu tilgen und die Finanzen zu stabilisieren.

Neue Strukturen für Flag Football:
Eigenständige Strukturen für Flag Football wurden geschaffen, um auf das wachsende Interesse und die internationalen Chancen (Olympia 2028) zu reagieren.

Professionalisierung:
Umwandlung von Teilzeit- in Vollzeitstellen in der Geschäftsstelle, Ausbau des Bereichs Marketing und Events, Entwicklung einer neuen Homepage mit integriertem Ticketing und Fan-Shop.

Förderung der Nationalmannschaften:
Nationalspielerinnen und Nationalspieler des AFVD können inzwischen erstmals ohne Eigenbeteiligung an internationalen Wettbewerben teilnehmen. Der Verband übernimmt sämtliche Kosten für Reisen, Unterbringung und Vorbereitungscamps – sowohl bei der Herren- als auch bei der Frauen-Nationalmannschaft.

Der AFVD in Europa und international

Der AFVD ist mit über 73.000 Mitgliedern und mehr als 500 Vereinen der größte American-Football-Verband Europas und nimmt damit eine herausragende Stellung auf dem Kontinent ein.Zum Vergleich: Die österreichische Football-Community zählt rund 10.000 Mitglieder, Frankreich etwa 7.000, Großbritannien 5.000, Italien 4.000 und Finnland 3.000. 

International ist der AFVD seit seiner Gründung ununterbrochen Mitglied des WeltverbandesIFAF (International Federation of American Football). Er war zudem lange Zeit prägend im europäischen Kontinentalverband EFAF, der später in IFAF Europe überging. Der AFVD hat mehrfach durch finanzielle Unterstützung die Liquidität des Weltverbandes gesichert und war in der Vergangenheit auch als Kreditgeber für die IFAF aktiv. Die deutschen Nationalmannschaften und Vereine gehören regelmäßig zur europäischen Spitze

Football - Zukunft "Made in Germany": Der AFVD als Impulsgeber

Der AFVD hat sich seit seiner Gründung 1982 von einer kleinen Interessenvertretung mit wenigen hundert Mitgliedern zu einer der wichtigsten Sportorganisationen im deutschen Mannschaftssport entwickelt. Mit stetiger Professionalisierung, wachsender Mitgliederzahl und einer starken Jugend-und Frauenförderung prägt er maßgeblich die Entwicklung des American Footballs in Deutschland.

Die Kombination aus öffentlichen Fördermitteln, Einnahmen aus Events, Merchandising und einer transparenten, risikoarmen Haushaltsführung bildet heute die solide Grundlage für die weitere Entwicklung des Verbandes. Mit dem Einzug von Flag Football ins olympische Programm 2028 und der kontinuierlichen Professionalisierung stehen die Zeichen auf weiteres Wachstum und zunehmende Bedeutung des American Footballs in der deutschen Sportlandschaft.